Berichte von den Veranstaltungen des Südtiroler Forstvereines

Zweitagesausflug des SFV nach Fodom

Der Ausflug des Südtiroler Forstvereins (SFV) in die Provinz Belluno beginnt am Freitag für die Teilnehmenden aus dem Vinschgau sehr zeitig: bereits um 5:00 h in der Früh werden sie von Willi, dem bärtigen und urigen Chauffeur, der seinen 55-Sitzer Bus mitsamt Fahrgästen jederzeit souverän im Griff hat, am Bahnhof von Schlanders aufgelesen. Weiter geht die Fahrt über noch vier Zwischenstationen bis nach St. Lorenzen, wo jeweils neue Ausflügler zusteigen. Dann tauchen wir in südlicher Richtung in die Welt Ladiniens ein, durchqueren das Gadertal mit schaurigem Anblick seit 2020 sterbender und abgestorbener Fichtenwälder und staunendem Blick auf den nicht mehr sichtbaren Erdrutsch von Badia vom Dezember 2012, verlassen unser Landl am Campolongopass und zweigen, vorbei an leuchtenden Feuerlilien am Wegesrand, in Arabba nach Osten ab, unterqueren den Col di Lana, um dann nach Norden in der Nähe von Ciastel D‘Andrac (Schloss Buchenstein, Castello di Andraz) die örtlichen Begleiter zu treffen: Am Freitag sind dies CFS-General im Ruhestand Alberto Colleselli zusammen mit einer jungen Carabiniera und Paola Berto, der „dirigente forestale di Veneto Agricoltura“ (Chefin der Forstdomäne der Provinz Belluno), am Samstag nur mehr Alberto Coleselli.

Vorbildlich vorbereitet und bestens betreut von Dolores, die in dieser Gegend ihre Wurzeln hat und auch hier geboren wurde, und ihrem Martin werden wir häppchenweise auf unser Programm eingestimmt. Bald nach Arabba legen wir demgemäß eine Pause ein und nehmen einen kleinen Happen, sozusagen den „Halbmittag“ zu uns, um für die geplanten Wanderungen gewappnet zu sein. Für die Wanderungen wird die große Gruppe jeweils geteilt und an beiden Tagen von Alberto Coleselli (Gruppe A) und Dolores (Gruppe B) angeführt.

Der erste Tag führt die Gruppe A auf eine eindrucksvolle Wanderung entlang der „Strada da la Vena“, also dem „Weg der Erzader“ (Abb. 1): Diese Route verbindet die Minen von Fursil am Fuße des Monte Pore mit den Schmelzöfen von Ciastel D‘Andrac und dem Falzarego- und Valparolapass weiter im Norden (auch hier Schmelzofen). Entlang dieser Route wurde einst das manganreiche Eisenerz von Fursil mit Ochsen ins benachbarte Gadertal transportiert. Eisen war ein gefragter Rohstoff, insbesondere für die Herstellung von Schwertern, aber auch für die berühmten Nägel der Val di Zoldo. Dieses Gebiet war für seine Bergbautätigkeit bekannt und daher von den benachbarten Großmächten Tirol und Venedig begehrt und umkämpft. Entlang des Weges genießen wir beeindruckende Aussichten inmitten der Natur, während unser Begleiter Alberto Colleselli samt Carabiniera der Station Caprile, die zeitweise einen geheimnisvollen überdimensionalen Rucksack trägt, interessante Informationen zur Geschichte der Region vermittelt. Besonders beeindruckend sind weiters die ausgedehnten Waldschäden, die durch den Befall des Borkenkäfers in den letzten Jahren auch hier sehr stark zugenommen haben.
Unser Weg schlängelt sich größtenteils durch malerische Lärchen- und Fichtenwälder, jedoch stellt sich ein Abschnitt als besonders herausfordernd dar, da er aufgrund der großen Maschinen, die zum Beseitigen des Schadholzes eingesetzt wurden, stark verschlammt und schwer begehbar ist. Eine willkommene Erfrischungspause finden wir auf einem Bauernhof in Colcuc (Punkt E in der Karte Abb. 1), wo wir köstliches Eis aus Ziegenmilch probieren – ein wahrer Genuss! Der letzte Abschnitt der Wanderung ist etwas beschwerlich, da wir auf einer asphaltierten Straße weitergehen müssen. Doch die Freude ist dann umso größer, als wir das Ristorante Belvedere (Punkt H) erreichen, wo wir uns bei einem wohlverdienten Mittagessen erholen.
Nach dem Essen geht es noch über einen Kilometer nach Col (Colle Santa Lucia). Der Besuch des Friedhofs, eine Besonderheit des Ortes, sowie die Besichtigung des Dorfmuseums stehen dort auf dem Programm. Zu guter Letzt entdecken wir, dass auch die kleine Dorfbar geöffnet ist, was unsere Wanderung perfekt abrundet, welche laut Karte eine Entfernung von 12,4 km, eine reine Gehzeit von 4:00 h, einen Höhenmeter von 165 m hinauf und 539 m hinunter umfasst.
Abb. 1: Wanderung Freitag Gruppe A – Strada de la Vena
Die Gruppe B folgt von demselben Startpunkt der Gruppe A, aber in entgegengesetzter Richtung, der Via Alpina „gelber Weg“ (Alpenüberquerung von Triest nach Oberstdorf) – immer den hölzernen Hinweisschildern nach, welche gleich sind wie unsere - durch subalpinen Fichtenwald, der dann von in nur mehr teilweise gemähte Bergmähder und Almflächen abgelöst wird. Hier oben schweift der Blick zum Col di Lana, dem Blutberg des Ersten Weltkrieges, an dem derzeit Aufforstungen durchgeführt werden (auch von der Buddhistischen Kirche) und dahinter Richtung Marmolada (mit bloßem Auge kann man den Gletschersturz vom 3. Juli 2022 mit elf Todesopfern erkennen) und auf den Monte Pore (2.405 m), unser heutiges Ziel (Abb. 2).
Abb. 2: Wanderung Freitag Gruppe B – Gipfelsturm Monte Pore
Wir wandern zwei Tage lang durch eine bezaubernde und blühende Landschaft mit sehr guter Fernsicht, welche wohl hauptsächlich auf das Unwetter des Vortages zurückgeht, die als sichtbare Spuren noch mancherorts zusammengeschwemmte Hagelkörner, durchlöcherte und zerfetzte Ampfer und im Waldbereich auf den Boden gesäte Lärchenkurztriebe und Fichtennadeln hinterlassen hat.
Beim Aufstieg durch den Wald entwickeln sich mit Paola Berto, die uns an diesem Tag begleitet, interessante Gespräche, besonders über den Niedergang der Eigenregiearbeiten. Dazu passt die auffällig fehlende Instandhaltung und auch Instandsetzung der Wanderwege, sodass sich neben dem eigentlichen Weg mehrere Varianten bilden, die ihrerseits vom Wasser ausgewaschen werden, da es weit und breit keine geordnete Wasserableitung in Form von Auskehren gibt.
Der Gipfelanstieg ist teilweise sehr steil, wegen des schlechten Zustandes des Steiges mühsam und führt an verfallenen Schützengräben aus dem Ersten Weltkrieg vorbei, aber der Rundumblick vom höchsten Punkt neben dem Gipfelkreuz ist überwältigend – wir sehen zu unseren Füßen auch Col und Alleghe samt See mit dem Monte Civetta dahinter (Abb. 3).
Abb. 3: Blick vom Monte Pore nach Col und Alleghe
Bei manchen Gipfelstürmern meldet sich die Erinnerung an die guten Vorsätze zum Neuen Jahr, ein paar Kilo abspecken zu wollen, wenn die Schwerkraft den Schwung einbremst und erbarmungslos nach unten zieht. Aber die Mühen sind schnell vergessen und die Gruppe schaut recht entspannt in die Kamera, als das Gipfelfoto geknipst wird (Abb. 4).
Der Abstieg ist im oberen Teil fast noch mühsamer als der Aufstieg, aber am Punkt H in der Karte erreichen wir wieder die Via Alpina mit einen gepflasterten Weg Richtung Rifugio Fedare. Die Karte weist eine Gesamtstrecke von 8,7 km, eine reine Gehzeit von 3:30 h, einen Aufstieg von 650 und einen Abstieg von 465 m aus.
Abb. 4: Gipfelfoto auf dem Monte Pore Richtung Norden
Um ca. 14 h bringt die sehr umtriebige Chefin auf dem Schutzhaus das 3-gängige Menü, wobei die „Casunziei con ricotta affumicata“, also Schlutzkrapfen mit geräuchertem Topfen, besonders hervorstechen.

Auf der Weiterfahrt zum Hotel nach Alleghe ist das spannendste Ereignis die Paarbildung der Singles für die Übernachtung. Zuerst will Dolores nicht mit der Wahrheit herausrücken, aber dann teilt sie uns doch mit, wen sie wem als Zimmergenossin bzw. -genossen zugeteilt hat. Am nächsten Morgen erfährt man, wer wegen wem warum die halbe oder ganze Nacht kein Auge zugetan hat…
Bevor wir in Alleghe eintreffen, machen wir aber noch einen Abstecher nach Col mit der Kirche vor einmaliger Dolomitenkulisse und einigen für das Herz-Jesu-Fest geschmückten Häusern. Dort treffen wir auch wieder auf die Gruppe A und gemeinsam werden wir durch die Cesa de Jan geführt, die auf das Jahr 1612 zurückgeht und ein kleines Dorfmuseum beheimatet. Hier können wir einen Blick in das bäuerliche Leben der Vergangenheit werfen und z.B. ein ganzes Arsenal an Werkzeugen für die Bearbeitung von Holz bestaunen. Es wird uns u.a. auch verschiedenes Schuhwerk erklärt: solches mit beeindruckenden Steigeisenzacken auf der Ferse für die Arbeit in Stall und Feld, andere, bei denen die Sohle nicht zwischen links und rechts unterscheidet, die sich aber wegen ihrer Weichheit dem Fuß anpassen und die schwarzen Sonntagsschuhe mit Holznägeln in der Sohle (vermutlich aus Ahorn oder Birke). Ins Auge springt auch eine mannshohe Reproduktion des Atlas Tyrolensis von 1774, der Karte der „Gefürsteten Grafschaft Tirol“ von Peter Anich, in der Buchenstein eingetragen ist, und eine etwas kleinere, aber wesentlich jüngere Karte der Euregio, in der am südöstlichen Rand auch die Umrisse von Buchenstein – Fodom - ausgewiesen sind, was wohl an die Volksbefragung von 2007 erinnern soll, mit der die Talbewohner die Angliederung an Südtirol gewünscht haben – dieser Wunsch ist aber irgendwo in Rom schubladisiert worden und Fodom gehört auch heute noch zur Region Veneto. Im Museum erhält man auch Informationen zu den nahe gelegenen Bergwerken von Fursil, welche seit der Prähistorie bis zum Zweiten Weltkrieg bestes Eisenerz lieferte, und man kann dort auch die Legende der Delibana nachlesen, die sich selbstlos aufgeopfert hat, als die Erzader zu erschöpfen drohte.

Nach dem Bezug der Zimmer und einer wohltuenden Dusche mit etwas engem Duschvorhang im Hotel Alle Alpi machen die meisten noch einen kleinen Spaziergang zum See von Alleghe, der – wie einer Schautafel nicht weit vom Hotel entfernt zu entnehmen ist - auf einen Bergsturz aus dem Jahr 1771 zurückgeht, um danach im Hotel ein gediegenes Abendessen einzunehmen.

Am Samstag bringt uns Willi auf den Passo Giau, lädt alle im großen Trubel aus und hier werden wieder die beiden Wandergruppen gebildet.
Die Gruppe A, wiederum in Begleitung von Alberto Colleselli, macht eine gemütliche Wanderung vom Passo Giau zur Malga Giau (in Abb. 5 im Viertel unten rechts – 6 km, 2 h, 300 m Abstieg). Der Startpunkt ist das kleine Kirchlein „San Giovanni Gualberto Vallombrosano“, welches dem Schutzpatron der Forstleute geweiht ist. Der erste Abschnitt führt uns in Richtung Forcella Giau, vorbei an prächtigen Almwiesen, die im vollen Blütenkleid erstrahlten. Die Vielfalt an Blumen und Kräutern bietet ein Farbenmeer, das das Herz eines jeden Naturfreundes höherschlagen lässt. Im gemütlichen Abstieg führt uns der Weg über sanfte Almwiesen, während wir den eindrucksvollen Blick auf die majestätischen Tofane, die Drei Zinnen, den Monte Cristallo und den Sorapis genießen können. Es herrscht kein Zeitdruck, was uns erlaubt, regelmäßig Rastpausen einzulegen. Bei diesen Pausen erfreuen wir uns an Wander- und Almliedern, der eine oder andere Witz wird erzählt, die Stimmung ist unbeschwert und fröhlich. Auf dem „Weg der Bergleute“ durch die Coste Gianope gelangen wir über Wiesen und schattige Waldpfade zur Malga Giau. Diese idyllische Alm gehört zur Gemeinde San Vito di Cadore und liegt nur 300 Meter von der Grenze zu Cortina entfernt. Nachdem wir die Malga Giau erreicht haben, warten wir auf das Eintreffen der Gruppe B. In dieser Zeit können wir den unvergleichlichen Ausblick von der Hütte aus genießen. Ob beim Watten oder beim Singen geselliger Lieder – bei entspannter Atmosphäre wurden viele schöne Erinnerungen geschaffen.

Abb. 5: Wanderung Samstag Gruppe B – um die La Gusela herum
Die Gruppe B steigt, im ersten Abschnitt im Gegenverkehr zu Bergläufern, die uns einzeln entgegenkommen, im Gänsemarsch und prozessionsartig – es ist Samstag und wie man an den längs der Passstraße parkenden Autos sieht, ist hier einiges los – zum Rifugio Averau (Punkt D in Abb. 5) auf und von dem dann am Kamm entlang inmitten vieler anderer Bergbegeisteter zum Rifugio Nuvolau (Punkt E in Abb. 5). Dolores schärft allen ein, tunlichst in der Gruppe zu bleiben, um den richtigen Ein- und Ausstieg nicht zu versäumen, jedoch zwei Teilnehmerinnen nehmen sich das offensichtlich zu wenig zu Herzen oder zu Gehör und kommen so vom rechten Pfad ab, können dann aber wieder in die Herde heimgeholt werden.
Abb. 6: Abstieg vom Rifugio Averau Richtung Rifugio Scoiattolo (Bildmitte, rechts davon die Cinque Torri) - im Hintergrund die Tofana di Rozzes (links) und dahinter rechts di Tofana di Mezzo
Vom höchsten Punkt steigen wir dann neben dem Rifugio Averau den Dolomiten Höhenweg 1 Richtung Rifugio Scoiattoli ab (Abb. 6 und Punkt H in Abb. 5) und unterqueren dann die bleichen Berge über unseren Köpfen (La Gusela, Torre Anna, Torre Luisa) vom Punkt H bis K (s. Abb. 5). Dieser Abschnitt, speziell ab Punkt I ist der wohl schönste, abwechslungsreichste und spannendste dieses herrlichen Tages: mit mehreren Gegensteigungen führt der schmale, teils sehr steile und dringend instand zu setzende Steig (Holzverbauung abschnittsweise verfault und nur mehr in der Luft statt im Boden) vorbei an und zwischen große Felsbrocken hindurch, im Schatten einzelner Bäume, durch reich blühende Matten und Zwergsträucher zur Abzweigung Richtung Malga Giau (Punkt K). Von dort, angetrieben von der Aussicht auf ein kühles Getränk und ein Mittagessen, erreichen wir bald die Alm (Punkt L), wo die dreifarbige Ladinische Fahne mit grünem (für dem Wald), weißem (Berge) und blauem (Himmel) Querstreifen weht. Die Gruppe A hat dort schon Platz genommen. Im Schatten der neuen großen Markise, diese ist erst vier Tage vorher montiert worden, wird uns ein köstliches und butterzartes „Schweins-Wangele“ mit Polenta serviert; aus unerklärlichen und ungeklärten Gründen wird diese Markise allerdings vor dem delikaten Dessert, einem Eis mit Waldbeeren, eingefahren, sodass die Hitze sticht und den Aufbruch beschleunigt, allerdings nicht ohne vorher ein Gruppenfoto aller Teilnehmenden anfertigen zu lassen (Abb. 7).
Abb. 7: Gruppenfoto auf der Malga Giau
Die Karte weist für die Gruppe B diesmal eine Gesamtstrecke von 9,3 km, eine reine Gehzeit von 3:55 h, einen Aufstieg von 505 und einen Abstieg von 785 m aus (Abb. 5)
Willi, den wir vom Rifugio Nuvolau kommend angetroffen hatten, wie er flott aufwärts marschiert ist, und der nach eigener Angabe schon dreimal und gerne mit dem SFV unterwegs war, holt den Bus, parkt ihn professionell für den Einstieg und kurvt mit uns dann nach Norden, nach Cortina D’Ampezzo. Dort fahren wir direkt an der berüchtigten Baustelle der neuen Bobbahn vorbei Richtung Toblach, um dann wieder nacheinander alle Haltestellen bis Schlanders abzuklappern.

Dieser Zweitagesausflug nach Fodom ist wohl wieder ein mustergültiges Beispiel für die Fahrten des SFV geworden: bestes Ausflugswetter, sehr gutes und abwechslungsreiches Programm mit tadelloser Organisation, interessante kulturelle Aspekte, ordentlich Speis und Trank sowie angenehme Personen. Ein großes Vergelt’s Gott allen, die sich dafür eingesetzt haben und ein besonders großes der Dolores!

Renate Perini, Baumgartner und Florian Blaas