Berichte von den Veranstaltungen des Südtiroler Forstvereines

Der Wald im Klimawandel

Nach coronabedingter Pause konnte am 10. September 2021 im Raiffeisensaal in Terlan die 42. Vollversammlung des Südtiroler Forstvereins abgehalten werden. Dabei wurden u.a. der neue Ausschuss gewählt sowie zwei Vorträge zum Thema „Wald im Klimawandel“ präsentiert.

Dr. Barbara Beikircher vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck stellte eine Präsentation mit dem Titel „Klimawandel und Wald: Bäume unter Stress?“ vor. Demgemäß wurden der Klimawandel und dessen Auswirkungen, insbesondere auf die Bäume bzw. Wälder, anhand verschiedener Studien erläutert.

Der Klimawandel ist grundsätzlich auf die v.a. durch den Menschen geschaffenen Treibhausgase zurückzuführen. Zu den Treibhausgasen zählen dabei Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan und Ozon, welche sich in der Atmosphäre ansammeln. In weiterer Folge wird ein Großteil der von der Erdoberfläche reflektierten Solareinstrahlung erneut reflektiert und absorbiert, sodass es zur Erderwärmung kommt. Es ist auch vom sogenannten Treibhauseffekt die Rede. Die heutige Konzentration an CO2 entspricht mit 400 ppm (=parts per million = Teile pro Million) jener vor 3 Mio. Jahren, welche auf geologische Prozesse und nicht wie heute auf den Menschen zurückzuführen war. Es konnte festgestellt werden, dass höhere Temperaturen mit höheren Konzentrationen an Treibhausgasen einhergehen. Methan kommt in der Atmosphäre in wesentlich geringeren Konzentrationen vor, ist jedoch in etwa 25-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Hinsichtlich der Erderwärmung ist regional mit einem Temperaturanstieg von +1 bis +4ºC bis 2100 zu rechnen. Bemerkenswert ist, dass, sollten gar keine Emissionen mehr in die Atmosphäre gelangen, die Temperatur dennoch um +2ºC ansteigen würde. Bei der Umsetzung von klimafreundlichen Maßnahmen ist von +2,5ºC, bei deren Unterlassung sogar von bis zu +5 ºC die Rede. Weiters sind bei einem annähernd gleich bleibenden Sommerniederschlag zukünftig feuchtere Winter zu erwarten. Dabei gilt, je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen, wodurch u.a. auch die Verdunstungsrate steigt. Außerdem enthält gesättigte Luft mehr Wasser, sodass Niederschläge in Form von Gewitterstürmen zunehmen könnten. Generell sind bei Klimaprognosen komplexe, räumliche und zeitliche Faktoren zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die klimatischen Auswirkungen bei Bäumen kann angenommen werden, dass die steigende CO2-Konzentration einen gewissen Düngeeffekt erzielt, da CO2 bei der Photosynthese benötigt wird. Dies begünstigt jedoch mehr die Wassernutzungseffizienz als das Wachstum. Von entscheidender Bedeutung ist auch die zukünftige Temperaturentwicklung. Prognosen bezüglich der Vegetationsperiode in Europa weisen auf eine Zunahme von 2,5 Tagen alle 10 Jahre hin. Demzufolge erhöht sich einerseits das Baumwachstum in höheren Lagen und verringert sich andererseits, je nach Baumart, in Tieflagen. Davon besonders betroffen ist die Fichte bis auf ca. 1.000 m Seehöhe, welche ausgesprochen hitzeempfindlich ist. Hinzukommt die steigende Waldbrandgefahr. Gemäß der österreichischen Waldbrand-Datenbank (1993 – 2018) entfallen rund 50 % der Waldbrände auf die letzten 8 Jahre (2011 - 2018). Hitze sowie zu geringe Niederschläge führen bei Bäumen zu Spaltenschluss, Embolien, Turgorverlust bis zu Zellschäden. Dies beeinträchtigt wiederum die Wasserabgabe, -Speicherung, -Aufnahme und den -Transport. Umso wichtiger ist eine dem Waldstandort angemessene Baumartenwahl. So sind Baumarten wie z.B. Wacholder und Eibe resistenter als Grau-Erle und Berg-Ahorn. Als Richtwert kann das Wasserpotential (in bar) herangezogen werden. Umso höher der Wert, desto trockenresistenter die Pflanze. Trockenstress ist ein mehrjähriger Prozess, welcher vermehrt zum Absterben älterer/größerer Bäume führt. Neben dem sich abzeichnenden Temperaturanstieg häufen sich auch Extremereignisse wie Schneedruck/-bruch und Windwurf. Für die Bäume wird es v.a. dann problematisch, wenn sich die Schadwirkungen der genannten Größen (CO2, Temperatur, Niederschlag, Wind) zu kombinatorischen Wirkungen vereinen. Ein Beispiel dafür ist der Borkenkäfer, welcher, als Folgeschädling, bereits beschädigte Bäume zur Vermehrung benötigt. So können von einem Ausgangsbestand mit 400 Buchdruckern (auch Großer Achtzähniger Fichtenborkenkäfer genannt), bei drei Generationen innerhalb eines Jahres, bis zu 3,2 Mio. Käfer hervorgehen. Ebenso von vorgeschwächten Fichten profitiert der Fichtennadelblasenrost (Chrysomyxa rhododendri). Generell könnte der Klimawandel, aufgrund der zunehmenden Schädigung der Waldökosysteme, zu einem regelrechten Baumsterben führen. Umso wichtiger ist es, bei der Baumartenwahl passende Herkünfte sowie genetisch angepasstes Saatgut zu verwenden.
Dipl. Ing. Kurt Ziegner von der Abteilung Forstplanung der Landesforstdirektion Tirol referierte zum Thema „Klimafitter Bergwald TIROL“ – Ein Schwerpunktprogramm zur Anpassung der Tiroler Wälder an den Klimawandel.

Hierbei ging es ebenfalls um zukünftige Temperatur- und Niederschlagsentwicklungen. Für den Tiroler Alpenraum ist eine homogene Temperaturzunahme absehbar, mit einem Anstieg von +1,5 bis + 2 ºC (Mitte des Jahrhunderts) und +3,5 bis +4 ºC (Ende des Jahrhunderts). Beim Niederschlag sind räumliche Unterschiede zu erwarten. Grundsätzlich werden die Niederschlagsmengen bis 2100 abnehmen, wovon v.a. südliche Gebiete betroffen sind. Die Entwicklungen hinsichtlich der Niederschläge können dabei schwerer abgeschätzt werden als jene der Temperaturen. Besonders deutlich wird der Klimawandel angesichts der gravierenden Gletscherschmelze am Beispiel des Gepatschferner und dem Gurgler Ferner. Deren Mächtigkeit hat sich stark verringert. Wie bereits von Dr. Barbara Beikircher erwähnt, beeinträchtigt der Klimawandel das Baumwachstum erheblich. Zu den größten „Klimaverlierern“ unserer heimischen Baumarten zählt die in den Alpen weitverbreitete Fichte, insbesondere unter 1.000 m Seehöhe und in der montanen Höhenstufe. Da das Thema Klimawandel immer gesellschaftlicher sowie forstpolitisch relevanter wird, ist eine dementsprechende Initiative dringend notwendig. Im Tiroler Regierungsprogramm von 2018 wurde eine Initiative für die Anpassung der Tiroler Bergwälder an den Klimawandel angekündigt. Am 4. Juli 2019 kam es schließlich zur mehrheitlichen Entschließung durch den Tiroler Landtag. Diese zielt u.a. auf die langfristige Sicherung der Waldfunktionen durch einen klimafitten Bergwald, auf die Sensibilisierung sämtlicher Interessengruppen (Bürger, Waldeigentümer, öffentliche und private Körperschaften) sowie auf die Förderung entsprechender Maßnahmen ab. Laut Dipl. Ing. Kurt Ziegner gab es seit der Entschließung viele erfolgreiche Einzelinitiativen, wobei die forstlichen Maßnahmen noch zu wenig sichtbar waren. Dies soll durch die Landesinitiative „Klimafitter Bergwald Tirol“ geändert werden. Unter der Betreuung des Landesforstdienstes gilt es somit, die Bevölkerung und die Waldbesitzer hinreichend über die Anpassung des Tiroler Bergwaldes an den Klimawandel zu informieren/beraten. Die Strategie gründet auf angepasste Baumarten, gepflegte Waldbestände, Miteinbeziehung sämtlicher Naturnutzer, langfristige Stärkung der Waldfunktionen (v.a. der Schutzfunktion) und fachliche Beratung. Das Förderprogramm bezieht sich auf rund 47.000 ha, welche in Tirol als klimasensible Waldgebiete eingestuft werden können. Weiters ist anzunehmen, dass jährlich ca. 200 ha aufzuforsten bzw. zu verjüngen sind. In etwa die Hälfte der Fläche wird mit Laubhölzern bepflanzt. Dies erfolgt in Mischwaldinseln bei einem Pflanzenbedarf von ca. 1.500 Stück/ha, woraus in Summe eine jährliche Pflanzenzahl von 120.000 – 150.000 Laubhölzern resultiert. Entscheidend sind dabei sowohl Schutzmaßnahmen gegenüber Verbiss- und Fegeschäden als auch eine angemessene Förderung (5 €/gepflanzten Mischbaum). Außerdem wird die Waldtypisierung bei der Bewertung der einzelnen Standorte herangezogen. Um das Konzept auch erfolgreich umsetzen zu können werden folgende Punkte beachtet:

• Beratung und Förderungsinstrumente
• Bewusstseinsbildung, Markenaufbau und Öffentlichkeitsarbeit
• Kompetenzaufbau innerhalb und außerhalb des Forstdienstes
• Kooperationen und Partnerschaften

Mit den Arbeiten im Wald wurde im Frühjahr 2020 begonnen. Es konnte bereits festgestellt werden, dass ein großes Interesse hinsichtlich der Initiative „Klimafitter Bergwald Tirol“ und deren Umsetzung besteht.

Im Anschluss der beiden Vorträge hatte das Publikum noch die Möglichkeit einige Fragen zu stellen, welche gerne und ausführlich von den Referenten beantwortet wurden.

Jakob Frenes, Südtiroler Forstverein