Bericht zum Tag des Baumes: Neophyten in Südtirol
Am Freitag, den 13. Oktober, trafen sich um 9 Uhr morgens 50 Mitglieder des Forstvereins vor der Orichideenwelt in Gargazon. Für das gemütliche Beisammensein war gesorgt – sprich Weißwein und Brötchen durften nicht fehlen. Um 9:45 Uhr sind wir dann über einen Steig aufgebrochen in Richtung Wolfsgrube. Dort hat uns Förster Johannes Egger über die Zustände im hiesigen Waldgebiet aufgeklärt. Johannes erzählte uns, dass der Wald auf einer Schutthalde stockt und einen sehr kargen Boden aufweist. Das Gebiet ist auch heute noch als steinschlaggefährdet einzustufen und somit erfüllt der Wald eine wichtige Schutzfunktion. Auf dem Weg nach oben Richtung Wolfsgrube haben wir übrigens die erste Neophyten (= gebietsfremde bzw. nicht heimische Pflanzen) des Tages angetroffen. Einige Douglasien waren zu sehen, die u.a. im Alter von 45 Jahren bereits einen beachtlichen Brusthöhendurchmesser von 50 cm und eine Baumhöhe von 30 m aufweisen. Die Douglasie zählt zwar zu den Neophyten, war jedoch bereits vor der letzten Eiszeit in den europäischen Wäldern heimisch. Somit könnte die Baumart auch als "Rückkehrer" bezeichnet werden, wobei ihr keine bis geringe Invasivität zugesprochen wird. Ebenso vorzufinden war die aus Nordamerika stammende Amerikanische Kermesbeere. Diese wird 1,5 bis 2,5 m hoch und verfügt über giftige Samen und Wurzeln. Über die Wurzeln kann die Pflanze Giftstoffe abgeben, welche die heimische Vegetation in ihrem Wachstum hemmt. Daher wird die Amerikanische Kermesbeere in Europa oftmals als invasiver (sich negativ auf das Ökosystem auswirkender) Neophyt eingestuft, dessen Verbreitung es zu unterbinden gilt.Nach dem Vortrag von Johannes Egger teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Diese begaben sich zu den verschiedenen Referenten – einer von ihnen war Dr. Paul Zipperle, der uns über die allgemeine Rechtslage bezüglich Neophyten aufklärte. Dr. Zipperle hatte einige für Südtirol relevante Exemplare verschiedener Arten mitgebracht: Staudenknöterich, Riesenbärenklau, Götterbaum, Blauglockenbaum, Sommerflieder, Springkraut und Robinie. Die meisten von diesen Neophyten sind als problematisch einzustufen, da sie die heimischen Flora konkurrenzieren und teils verdrängen. Es gibt auch Sonderfälle – wie den Riesenbärenklau, der vor allem für die menschliche Gesundheit eine Gefahr darstellt. Bei Hautkontakt in Kombination mit Lichteinstrahlung kann er erhebliche Verbrennungen am Körper auslösen, deshalb wird auf diesen Neophyten vom Forstdienst ein besonderes Augenmerk gelegt. Der Riesenbärenklaus darf nur mit einer Schutzkleidung bekämpft werden. Grundsätzlich unterscheiden sich die Bekämpfungsmethoden je nach Neophytenart und deren Standort. Meistens erstreckt sich eine erfolgreiche Neophyten-Eindämmung über mehrere Jahre und ist deshalb ziemlich Ressourcen intensiv.
Anschließend ging es weiter zur nächsten Station, wo uns Förster Florian Rieder von der Forststation Jenesien, eine Holzschlagfläche aus dem Jahr 2018 zeigte. Auf dieser wächst nach dem Auflichten das Südafrikanisches Greiskraut. In den letzten Jahren wurden verschiedene Methoden verwendet, um dieses Problem zu bekämpfen. Vor allem wurde versucht das gelb blühende Kraut auszureisen und zu entsorgen. Auf einer weiteren Holzschlagfläche beobachteten wir auch einen dichten Bestand junger Götterbäume. Um diesem Herr zu werden versuchte man die Pflanzen durch Umknicken bzw. Einkürzen und durch einen stärkeren Überschirmungsgrad zu schwächen. Jene Methoden waren teilweise von Erfolg gekrönt. Problematisch anzusehen waren außerdem noch die Verbissschäden von Schalenwild an den einheimischen Baumarten.
Die nächste Station führte uns zum Nationalpark-Förster Hubert Stillebacher, der uns über die Geschichte der Imkerei aufklärte. Hauptursprung dieser Zunft war die Wachsproduktion für die Kerzen der Kirchen und Klöster im Mittelalter, der Honig war hingegen nur ein Nebenprodukt. Hubert sprach vor allem über das Südafrikanische Greiskraut, das normalerweise von den Bienen gemieden wird. Bei massivem Auftreten der Pflanze im Herbst wird es aber trotzdem angeflogen. Die Biene nimmt anschließend den Nektar auf, kann aber die Giftstoffe im Körper entsprechend filtern, somit bleibt der Honig ungiftig. Problematisch wird das Ganze für die Bienenvölker, wenn sie Pollen für die Brut eintragen. Die Larven werden durch die Giftstoffe geschwächt oder sterben sogar ab. Zum Abschluss sorgte Hubert noch für eine leckere Verkostung verschiedener Honigsorten, u.a. auch Götterbaumhonig.
Zum Schluss war Organisator Jakob Frenes an der Reihe mit dem Thema „Stink- oder Himmelsbaum“. Der in Südost-China heimische Götterbaum wurde in den 1740er erstmals in Europa als Zierbaum eingeführt. Später spielte er eine wichtige Rolle bei der Seidenproduktion, wofür auch der nicht heimische Götterbaum-Spinner gezüchtet wurde. Schließlich breitete sich der Neophyt in ganz Italien aus, als die damalige Forstmiliz italienweit in etwa 4 Mio. Bäume zur Bewaldung von degenerierten Standorten pflanzte. Seit 2017 besitzt die Universität für Bodenkultur Wien für das biologische Pflanzenschutzmittel/Mykoherbizid Ailantex eine Notfallzulassung. In den kommenden Jahren sollte eine europäische Zulassung gemäß Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 folgen. Anhand seiner Diplomarbeit zeigte uns Jakob eine Fläche, auf der er versuchte den Götterbaum mittels einer Auslesedurchforstung zu fördern. So wollte er das erstaunliche Wuchs- und Nutzungspotential des Neophyten darstellen. Es stellte sich heraus, dass es bei uns in Südtirol keinen Baum mit vergleichbaren Wachstum gibt. Auf der Versuchsfläche konnten genügend Zukunftsbäume erhoben werden, wonach eine Mittel- oder Hochwald- der Niederwaldbewirtschaftung vorzuziehen wäre. Zudem weist der Götterbaum gute Holzeigenschaften auf, welche jener der Esche ähneln. Folglich werden dem Götterbaum nicht nur ein übler Geruch, sondern auch „himmlische“ Eigenschaften zugesprochen. Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund seiner Invasivität seit Juli 2019 innerhalb der EU ein absolutes Handelsverbot besteht.
Abschließend ließen wir den diesjährigen Tag des Baumes bzw. Tag der Neophyten bei einem gemütlichen Mittagessen ausklingen.
Elias Gentilini