Berichte von den Veranstaltungen des Südtiroler Forstvereines

Lehrfahrt nach Rheinland-Pfalz

Montag, 18. September 2023, an einem grauen Morgen, machen sich 35 noch verschlafene SFV-Mitglieder auf den Weg ins Rheinland-Pfalz. Lukas, unser Fahrer, und Christoph Hintner, Präsident des SFV, wünschen uns eine gute Fahrt. Von Innsbruck geht es über den Fernpass auf die Autobahn nach Ulm, dann über Stuttgart zu unserem geplanten Ziel: Simmern im Rhein-Hunsrück-Kreis. Die Müdigkeit macht sich breit, und so sind wir froh, am Zielort zum Abendessen und zur Übernachtung im Hotel Bergschlößchen anzukommen. Hier werden wir von einem fleißigen Oberkellner, einem Landsmann aus OberPlars (Algund), begrüßt, der uns daran erinnert, wie klein doch die Welt ist.

19. September: Unser Bus macht sich auf den Weg, um das Forstamt Soonwaldt bei Simmern zu besuchen. Dort werden wir vom Forstamtsleiter Bernhard Fraunberger und von Förster Martin Grünebaum begrüßt. Nach einem Überblick über die Größe der Rheinland-Pfälzischen Waldfläche von 840.000 Hektar (ca. 42% der gesamten Landesfläche) erfahren wir, dass das Bewirtschaftungsgebiet des Forstamtes eine Fläche von mehr als 20.000 Hektar umfasst, davon 9.000 Hektar Staatswald, 7.500 Hektar Kommunalwald und 3.500 Hektar Privatwald. Der Soonwald wurde seit der keltischen und römischen Zeit als Bau- und Brennholzquelle genutzt. Die Nutzung als "Weidewald" hat außerdem lange Zeit zu einem Raubbau an den Wäldern geführt. Heute ist der Soonwald ein geschütztes Gebiet, in dem Arten wie Eiche, Buche, Ahorn, Erle und Birke vorkommen. Im 19. Jahrhundert wurden die verwüsteten Flächen wegen ihres schnellen Wachstums und ihres wirtschaftlichen Wertes mit Fichten aufgeforstet. Nach den Wirbelstürmen der 1980er Jahre wurden jedoch viele Flächen mit Laubbäumen aufgeforstet. Die heutigen Wälder kommen ihrem ursprünglichen Zustand in Bezug auf die Baumartenzusammensetzung sehr nahe. Nach der Verabschiedung fahren wir mit dem Bus nach St. Goar, wo wir den Dampfer besteigen, der uns auf dem Rhein nach Rüdesheim bringt. In Begleitung von unserem Organisator Eberhard Glatz und Förster Heino Becker essen wir an Bord zu Mittag und schauen uns die vielen Burgen am linken und rechten Rheinufer an. Auch die romantische Vision und die schmerzhafte Legende der Loreley haben wir nicht verpasst. Vor der Abreise besuchen wir die kleine Stadt Rüdesheim mit ihrer berühmten Drosselgasse, die voller Weinkeller ist. Wir setzen unsere Reise nach Bad Ems fort, wo wir im Bad Emser Hof zu Abend essen und übernachten. Diese schöne Stadt ist in der Region für ihre Kurbäder bekannt und war seit Mitte des 19. Jahrhunderts Residenz des russischen und germanischen Adels. Heute ist es ein touristisches Zentrum mit luxuriösen Hotels und einer Promenade entlang des Flusses.

20. September: Unsere Reise geht weiter in Richtung Schalkenmehren, um die Dauner Maare im Vulkangebiet der Vulkaneifel zu besuchen - ein UNESCO-geschützter Geopark. Hier werden wir von der Geologin Sabine Kummer begrüßt. Sie veranschaulicht die Entstehung dieser ziemlich großen "Wasserbecken" mit einem Durchmesser von bis zu 500 Metern und einer Tiefe von 50 Metern. Diese einzigartige geologische Formation, die vor etwa 20-30.000 Jahren entstand, ist auf das Phänomen des Vulkanismus zurückzuführen, der dadurch entsteht, dass Magma an die Oberfläche steigt und Wasserschichten auffängt, die von den verschiedenen Mineralien der tektonischen Plattformen des Kontinents gehalten werden. Diese Gasblasen, die sich unter der Erdkruste bilden, explodieren und bilden Krater, die sich wiederum mit dem aus dem Untergrund aufsteigenden Wasser füllen. Entlang des Geoparkweges sehen wir das Doppelmaar, das Flachmoor und das Trockenmaar. Entlang der "Dauner Maare" gibt es viel zu sehen und zu entdecken. Zum Beispiel den 11 Meter hohen Dronketurm aus dem Jahr 1902, der dem Mitbegründer des Eifelvereins, Dr. Adolf Dronke, gewidmet ist. Einst wurde er als Observatorium zur Überwachung des Vulkans Hoher List genutzt, heute dient er nicht mehr der Wissenschaft, sondern der Sternenbeobachtung. Nach dem Mittagessen im Hotel Schneider am Maar setzen wir unsere Reise nach Trier fort und besichtigen die alte Stadt, die mitten im Moseltal liegt und seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Begleitet von der Reiseleiterin Ursula Bartmann erfahren wir, dass Trier eine der ältesten Städte der Region ist. Bereits 1300 Jahre vor der Ankunft der Römer ist Trier urkundlich erwähnt: Einer Legende zufolge gründete der Sohn des Assyrerkönigs die Stadt, doch erst die Römer brachten Trier im 16. Jahrhundert v. Chr. zur Geltung, als es den antiken Namen "Augusta Treverorum" erhielt. In den folgenden Jahrhunderten wuchs und entwickelte sich die Stadt so stark, dass sie um 300 n. Chr. mit 80.000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt jenseits der Alpen wurde. Noch heute kann man in jeder Ecke Triers die Geschichte und Kultur der römischen Epoche in Verbindung mit der französischen Herrschaft im späten 18. Jahrhundert und der späteren preußischen Herrschaft einatmen. Die Besichtigung der Stadt beginnt an der “Porta Nigra", dem Hauptmerkmal der römischen Geschichte. Es handelt sich um ein Sandsteintor aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Es befindet sich im nördlichsten Teil der Altstadt. Der Name "Nigra" wurde ihm im Mittelalter gegeben, in Anlehnung an den im Laufe der Zeit dunkel gewordenen Stein. Die Fassade ist von zwei vierstöckigen Türmen umgeben, die durch eine Wendeltreppe miteinander verbunden sind. Im Laufe der Jahrhunderte nahm die Porta Nigra auch die Funktion einer "Doppelkirche" ein. In der Bruckenstraße 10 befindet sich das Haus des berühmten Philosophen und Politikers Karl Marx aus dem 19. Jahrhundert. Das Gebäude ist im Barockstil gehalten und beherbergt ein ihm gewidmetes Museum. Während der Nazizeit wurde das Haus als Druckerei genutzt. Seit 1947 ist es als Museum wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Auf dem Weg zum zentralen Platz, der von Touristen belebt und von schönen Gebäuden umgeben ist, sehen wir auf der linken Seite die imposante Fassade des Doms St. Peter, dem größten Gebäude der Stadt, dem ältesten Bischofsdom Deutschlands und einer der bedeutendsten gotischen Kirchen Europas. Er beherbergt die Heilige Tunika, die der religiösen Überlieferung nach das Gewand war, das Jesus Christus vor seiner Kreuzigung trug. Der Überlieferung nach war es die Mutter von Kaiser Konstantin, die Heilige Helena, die sie nach Trier brachte. Sie wird nur bei wenigen Gelegenheiten ausgestellt. Wir besuchen auch die Konstantinbasilika, die nach dem berühmten Kaiser benannt ist. Das aus dem 4. Jahrhundert stammende Bauwerk galt zur Zeit seiner Errichtung als eine der größten Basiliken mit einer einzigen überdachten Halle. Aus diesem Grund wird sie auch als Palatinhalle bezeichnet. Ihre Ausmaße sind beeindruckend: 67 Meter Länge und 36 Meter Höhe. Auf der Rückseite der Basilika besichtigen wir den Palmenpark und die Barockfassade des Prinzregentenpalastes. Am Ende der Tour erreichen wir unseren Übernachtungsort im "Coffee Fellows Hotel" neben der "Römerbrücke" über die Mosel, der ältesten Brücke Deutschlands aus dem Jahr 45 nach Christus. Sie hat auch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs überstanden.

21. September: Heute geht es hinunter in die Pfalz in Richtung des Forstamtes Hinterweidenthal, wo uns Forstamtsleiter Michael Grünfelder und Patrizia Balka und ihre Mitarbeiter erwarten. Es werden die geografische Lage und die wirtschaftliche Struktur der Waldnutzung dargestellt. Das Forstamt Hinterweidenthal bewirtschaftet 16.000 ha Wald im Südpfälzer Wald in den Gemeinden Hauenstein und Rodalben. Die Waldgebiete liegen im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald, dem größten Waldgebiet Deutschlands, das mit seinen guten Verkehrsanbindungen, insbesondere Wanderwegen, bei Touristen sehr beliebt ist. Mit großer Leidenschaft informiert uns Patrizia Balka über die Strategie bei der Bewirtschaftung des Staatswaldes, die darin besteht, die Schutzfunktion des Waldes, die natürliche Nachhaltigkeit und die Erholungsfunktion für die Nutzer in Einklang zu bringen. Deshalb wird darauf geachtet, dass einheimische Baumarten wachsen, die gut gedeihen und sich in die Biodiversitätskette einfügen. Mischwälder mit einem hohen Anteil an Laubbäumen sind daher von größter Bedeutung. Da auch in Waldökosystemen eine Veränderung der Parameter möglich ist, wird die Pflege und Erhaltung der Waldarten an die verschiedenen Entwicklungsstadien angepasst. Die wichtigsten Grundsätze der Pflichterfüllung sind:
- Verzicht auf Kahlschlag
- Regulierung des Wildbestandes im Gleichgewicht mit der Vegetation
- Die natürliche Waldverjüngung hat Vorrang vor der Neuanpflanzung
- Sperrung bestimmter zu schützender Waldgebiete für den Verkehr
- Verzicht auf den Einsatz von Chemikalien
- Instandhaltung, Pflege und Entwicklung typischer Ökosysteme
Auf dem Weg durch den Wald stoßen wir auf den Luitpoldturm: Dieser 1907 von dem Naturdichter Fritz Claus entworfene und dem Prinzregenten Luitpold von Bayern, der die Schirmherrschaft und die Kosten übernahm, gewidmete Turm wurde in 15 Monaten mit einer Höhe von 34 Metern auf dem Weißenberg in 610 mt. ü d M. errichtet. Es ist ein spektakulärer 360-Grad-Aussichtspunkt über die darunter liegenden Wälder und mit guter Sicht bis ins Elsass und die Vogesen. Lange Zeit diente er als Schutzhütte für Holzfäller und Wanderer. Die von den Förstern organisierte Mittagspause, ein Willkommensgrillen an der Weißenbergerhütte, ist eine köstliche Überraschung für alle Teilnehmer. Am frühen Nachmittag erklärt uns Förster Homann sehr ausführlich die Notwendigkeit der Anwesenheit von Wild im biologischen Kreislauf des Waldes, einschließlich fleischfressender Raubtiere wie des Luchses, der hier geschützt ist. Falls erforderlich, beteiligen sich private Jäger auf Empfehlung der Förster an der Entnahme von Wild. Diese Vereinbarung zwischen Jägern und Förstern, die auf den ersten Blick sehr zweifelhaft erscheint, scheint jedoch in der ökologischen Philosophie der Waldbewirtschaftung gut akzeptiert zu sein. Am Nachmittag fahren wir aus organisatorischen Gründen statt der geplanten kurzen Exkursion in die Weinberge von Birkweiler direkt zum „Weingut Dr. Wehrheim". Dort werden wir von Frau Bärbel Wehrheim empfangen, die uns sehr professionell die Produktion der Weine in ihrer Familie erklärt, die seit 1920 und seit vier Generationen Spitzenweine herstellt und dabei das Mikroklima und den Boden für die optimale Entwicklung der Weinsorten berücksichtigt. Bei einem guten Glas Muskateller probieren wir die guten Häppchen, die es gibt, und bereiten uns auf die Weine vor, die uns Frau Wehrheim nach und nach erklärt und zur Verkostung vorschlägt:
- Trockener Riesling aus dem Jahr 2020, Riesling aus dem Jahr 2021, Riesling aus dem Jahr 2018 und
schließlich ein guter Rotwein (Spätburgunder).
Am Ende des ereignisreichen Tages erreichen wir unser Hotel für die Übernachtung im Stiftsgut Keysermühle in Klingmünster.

22. September: Heute Morgen steht ein Kulturtag auf dem Programm und wir fahren in Richtung Hambacher Schloss. Das Schloss liegt 376 mt. ü d M. südwestlich von Hambach, 1832 an der Straße zum Schloss (die Hausnummer bezieht sich auf das Jahr des berühmten Hambacher Festes). Hier werden wir vom Förster Peter Anton Mayr empfangen. Im Jahr 1832 war die Ruine, der im 11. Jahrhundert erbauten Burg, sechs Tage lang Schauplatz einer Versammlung von rund 25.000 Menschen, die vom 27. Mai bis zum 1. Juni das "Nationalfest der Deutschen" feierten. Auslöser war die Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung über die Unterdrückung durch die bayerische Verwaltung. Im Jahr 1816 forderte die Mehrheit der Bevölkerung sogar den Anschluss an das napoleonische Frankreich aufgrund der praktizierten Einschränkungen. Die Zensur und die Restriktionen der Regierung schürten natürlich den Aufstand, der als "Volksfest" die Unterstützung zahlreicher Menschen aus anderen Nationen fand. Seitdem gilt das Fest auf dem Hambacher Schloss in ganz Deutschland als die "Wiege der deutschen und europäischen Demokratie". Im obersten Stockwerk besuchten wir mit unserem sehr schnellen und professionellen Führer das Museum, das den verschiedenen historischen Ereignissen und insbesondere der Bedeutung der schwarz-rot-goldenen Nationalflagge gewidmet ist. Am Nachmittag fahren wir mit dem Bus ins Forstamt Wasgau, zum Forsthaus Stütenbach. Dort erwarten uns die Forstamtsleiterin Ulrike Abel und Revierleiter Günter Werner die uns einen Einblick in die Bewirtschaftung der eichendominierten Wälder geben. Die verwaltete Waldfläche beträgt rund 23.400 ha. Davon sind 64 % staatlich, 18 % kommunal, 14 % privat und 4 % im Besitz des Grafen Nesselrode. Das Amt wurde 2004 durch den Zusammenschluss der Forstämter Schönau, Dahn und Eppenbrunn sowie von Mitarbeitern von 10 Revieren gegründet. Die Höhenlage des bewirtschafteten Waldkomplexes reicht von 169 mt. ü d M. bis zu 571 mt. ü d M., wobei die Orographie recht uneinheitlich ist und in den höheren Gebieten felsige Sandsteingebiete zu finden sind. Der Laub- und Mischwald besteht zu 42 % aus Kiefer und Lärche, zu 21 % aus Buche, zu 16 % aus Eiche, zu 13 % aus Fichte und zu 8 % aus Douglasie. Der jährliche Einschlag liegt bei etwa 100.000 m³, ist aber seit 2018 massiv reduziert worden. Fast 600 Hektar Fläche bilden das Biosphärenreservat und damit die Naturlandschaft. Es gibt 12 Naturschutzgebiete zum Schutz von Pflanzen und Tieren. Das gesamte Gebiet entlang der Grenze zu Frankreich war Zeuge von Kämpfen im Zweiten Weltkrieg. Entlang der Grenzen gibt es ganze Waldbestände, die durch Granatsplitter beschädigt wurden. Es gibt noch die Bunker des "Westwalls", die heute unter Denkmal- und Biotopschutz stehen. Am Ende der Tour, die größtenteils auf Forststraßen verlief und bei der wir die Geschicklichkeit unseres Busfahrers zu schätzen wussten, stiegen wir einen kurzen Hang hinauf, wo uns auf dem Gipfel ein von den Förstern zubereiteter Imbiss mit Brezeln und Getränken erwartete. Ein plötzlicher heftiger Regenschauer mit Wind, Regen und Hagel machte das Treffen jedoch teilweise zunichte. Das Ganze dauerte etwa zehn Minuten, aber wir konnten unseren forstwirtschaftlichen Freunden trotzdem herzlich danken und uns von ihnen verabschieden.

23. September: Mit etwas Wehmut bereiten wir uns heute auf die Heimreise vor. Unsere Augen und Gedanken sind noch immer auf all die herrlichen Landschaften von Rheinland-Pfalz gerichtet, mit schönen Weinbergen und gepflegten Wäldern, unvorstellbar für diejenigen, die an ein Deutschland denken, das nur industrialisiert ist. Nach 2.000 gefahrene Km. verabschieden wir uns von unseren Kolleg-innen, die sich auf den Weg zu ihren Heimat-Zielen machen, und übermitteln ihnen unsere besten Wünsche. Wahrscheinlich habe ich zu viel geschrieben, aber ich hoffe, dass sich kein Leser gelangweilt hat. Ich möchte mich aber an dieser Stelle bei den Organisatoren bedanken, insbesondere beim Freund Christoph Hintner, und dem Vorstand des Südtiroler Forstvereins, die diese unvergessliche forstliche, kulturelle und kulinarische Lehrfahrt ermöglicht haben.

Felix Squeo und Hanni Wendt - Squeo

Forstamt Soonwald
Forstamt Soonwald
Schifffahrt am Rhein
Schifffahrt am Rhein
Führung in der Vulkaneifel
Führung in der Vulkaneifel
Trier
Trier
Eichenwälder im Pfälzer Wald
Eichenwälder im Pfälzer Wald
Pfälzer Wald
Pfälzer Wald
Forstamt Wasgau
Forstamt Wasgau
Hambacher Schloss
Hambacher Schloss
Schalkenmehren
Schalkenmehren