
Forsttagung 2010 in Meran „Schutzwald – (k)ein Thema“
Der Südtiroler Forstverein war Gastgeber der diesjährigen Forsttagung am 27. und 28. Mai in Meran. Die Veranstaltung fand im wunderschönen Ambiente des Meraner Kurhauses statt und stand unter dem Motto „Schutzwald – (k)ein Thema“. Prominente und namhafte Referenten waren eingeladen, darüber zu sprechen wie man dem Schutzwald in den Medien mehr Präsenz verschaffen kann. Über 400 Teilnehmer aus Bayern, Graubünden, Österreich und Südtirol waren zur Tagung gekommen.
Wie auf der Pressekonferenz von allen anwesenden Politikern unterstrichen wurde, liegt eine Herausforderung darin, das Thema Schutzwald im Alpenraum zu einem Thema von öffentlichem Interesse zu machen, um somit in der breiten Bevölkerung die notwendige Sensibilisierung voran zu treiben - nicht zuletzt auch deshalb, um von Seiten der Politik die notwenigen Gelder zu bekommen.


Gedenkminute für Andreas Feichter
Besonders gedacht wurde bei der Forsttagung in Meran an Andreas Feichter, dem Geschäftsführer des Südtiroler Forstvereines, der wenige Tage zuvor am Ortler tödlich verunglückt war. „Andreas hinterlässt eine große Lücke“, sagte Präsident Josef Schmiedhofer. Auch an Alt-Landeshauptmann Silvius Magnago, der Mitglied im Forstverein mit der Nummer 1000 war, gedachte man in einer Gedenkminute.
Den Wald vor den Vorhang stellen
Der Wald hat nicht nur mit Wildschäden und vernachlässigter Bewirtschaftung zu kämpfen, sondern auch mit den zunehmenden Folgen des Klimawandels, Trockenheit und neu auftretenden Schädlingen. Doch während das Abschmelzen der Pole und Gletscher in aller Munde ist, tun sich Waldbesitzer und Forstmann schwer, die Probleme des Waldes über die Medien zu transportieren. Es werden zwar Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht und interne Fachtagungen und Vorträge gehalten, vor dem Schritt an die breite Öffentlichkeit besteht aber offensichtlich eine gewisse Scheu, sodass vielfach andere Interessenvertretungen diese Themen auf ihre eigene Weise besetzen.
Aus diesem Grund wurde das Thema der diesjährigen Forsttagung gewählt. Wie funktioniert Kommunikation? Wie können Umweltthemen an die Medien herangebracht werden? Wie können Medien komplexe oder wenig plakative Themen vermitteln? Welche Rolle spielen die neuen Medien, das Internet und wie wird dort kommuniziert und wie gehen wir damit um?

Die hochkarätige und illustre Runde von Referenten sollte den Teilnehmern mit ihren Vorträgen dabei helfen, Lösungen und Antworten zu finden. Theo Hendrich, Publizist und Moderator im RAI-Sender Bozen leitete und moderierte durch die Tagung.
Einführung von Tobias Moretti, Schauspieler, Bauer, Forstwirt

Er machte deutlich, dass für ihn der Wald etwas mit Passion zu tun habe, mit dem Selbstverständnis des Seins, und dass wir ihn als etwas uns Anvertrautes behandeln sollten.
Dennoch dürfen wir diesen sensiblen Wohnraum nicht ganz sich alleine überlassen. Das wäre so, als würde man seinen Nutzgarten verwildern lassen. Die Wohngemeinschaft Wald funktioniere nur, wenn Mensch, Wild und Wald in guter Nachbarschaft leben, so Moretti.
„Meine Art zu kommunizieren“
Reinhold Messner, Grenzgänger, Bergsteiger und Autor sprach davon, dass der „Erfolg“ seiner Kommunikation darin liegt, es eben auf seine ganz persönliche Art zu tun. In punkto Öffentlichkeitsarbeit sieht er sich dennoch nicht als Vorbild. „Ich habe weder einen Kommunikationsberater noch einen Pressesprecher.“ Seine Art zu kommunizieren ist sicherlich eine nicht ganz alltägliche. Da ist zunächst die Sprache. Man muss sich einer guten und für alle verständlichen Sprache bemächtigen, die sowohl für den Zuhörer als auch für den Sprechenden nachvollziehbar ist. Das sei ihm ein ganz wichtiges Element in der Kommunikation. Natürlich ist der Inhalt von nicht geringerer Bedeutung.

Nur weil man etwas publizieren will, heißt das noch lange nicht, dass es von den Medien auch angenommen wird. Lediglich Meldungen über Bedrohungen, Katastrophen oder Skandale finden ihren Weg an die Öffentlichkeit wie von selbst. Zum Thema Wald hat Messner hauptsächlich ein Schlagwort in medialer Erinnerung: „Waldsterben“.
Wichtig für ihn ist es, eine Kommunikation nur dann zu führen, wenn Inhalte und Ziele auch verstanden werden.
Dabei erinnerte er an einen Berchtesgadener Bergführer, der gefragt wurde: „Was ist denn das Wichtigste beim Bergsteigen? Seine Antwort: Die Hauptsache ist, dass man weiß, wo der Berg steht.“
„Mein Schutzwald“

Anton Mattle erzählte dabei auch von „seinem Wald“, der sowohl bei der Lawinenkatastrophe als auch beim Hochwasser im August 2005 die Bewährungsprobe als Schutzwald bestand.
Es war wohl diese Erzählweise des direkt Betroffenen, die alle Gäste im Saal sehr aufmerksam mitverfolgt haben und darin auch die eindeutige Botschaft gehört haben, dass der Schutzwald für die Menschen Sicherheit bedeute. „Das ist wie mit einer Versicherungsprämie. Nur wer diese rechtzeitig einbringt, der darf mit einem entsprechenden Bonus rechnen – alle anderen werden bestraft“.
„Neue Wege der Kommunikation im WWW“
In eine völlig andere Welt katapultierte Ossi Urchs, Politologe, Philosoph, Autor, Regisseur und „Internet-Guru“ die Teilnehmer und zeigte ihnen die neuen und unbegrenzten Wege im World Wide Web 2.0. Das WWW ist heute als eine neue real-virtuelle Welt zu betrachten, in der für alle Menschen, die einen Internetzugang haben, nahezu alle Themen sofort und mit geringem technischen und finanziellen Aufwand auf der ganzen Welt zugänglich gemacht werden können. Die unterschiedlichsten Themen können von den Nutzern abseits der „klassischen Medien“ an die Öffentlichkeit gebracht werden und sehr oft stoßen diese dann auch auf sehr große Resonanz.

Er empfiehlt, Verbindungen zu erfolgreichen und populären Web-Plattformen zu nutzen.
„Die User werden damit dort abgeholt, wo sie eigentlich schon sind.“ Soziale Netzwerke wie Facebook erreichen so bereits 500 Millionen Menschen weltweit, daneben boomen Videoplattformen oder neuartige Informationsdienste (Twitter). Für Urchs ist es sehr wohl denkbar, dass sich für das wichtige, aber auf den ersten Blick trockene Thema „Schutzwald“ auch im Internet eine breite Öffentlichkeit finden lässt.
„Unverzichtbar oder Überflüssig? Wie kommen Themen ins Fernsehen?“

Aktualität, Relevanz, Verständlichkeit, Bilder, Emotionen, Vielfalt - das sind im Wesentlichen die sechs Kriterien, um Themen im Fernsehen mit seinen zahlreichen Formaten zu platzieren.
Konkret strahlte man zum Thema Wald im Jänner dieses Jahres eine Sendung über Spechte und Totholz aus, im Februar folgte eine über Schweizer Tropenholz und vor Kurzem noch ein Bericht über die Holzernte und das Mondholz. „Im nächsten halben Jahr muss daher laut Programmchefin auf Holzthemen verzichtet werden“, bedauerte Oelschläger.
„Warum die Qualitätspresse ihr Holz wert ist“
Zum Schluss sprach der gebürtige Südtiroler Erwin Brunner, Chefredakteur des Fachmagazins National Geographic Deutschland zu den Teilnehmern. Bei seinen Recherchen zum Thema durchforstete Brunner Deutschlands größte Pressedatenbank und fand dort nur 195 Nennungen des Begriffes „Schutzwald“ in den vergangenen 30 Jahren. Im Vergleich: Problem-Bär Bruno schaffte 934 registrierte Artikel in nur zwei Monaten. „Daran kann man erkennen, dass Information mit Emotion gekoppelt sein muss, wenn sie interessieren soll.“ Er findet Fachbegriffe wie „Schutzwald“ für die Allgemeinheit zu abstrakt. Im Fall von Bruno waren die Fakten tagesaktuell und spannend wie ein Krimi, außerdem haben die Berichte das Meinungsbild der Bevölkerung polarisiert.

Die unmittelbare Begegnung ist immer noch die intensivste und beste. Kein Medium kann diese Erfahrung besser und nachhaltiger vermitteln. Wichtig sei vor allem die emotionale Bindung – ganz nach dem Leitsatz von Konrad Lorenz: „Man liebt nur, was man kennt und man schützt nur, was man liebt.“
Ihren Ausklang fand die Tagung bei einem Aperitif am Seerosenteich der Gärten von Schloss Trauttmansdorff, die zum „Schönsten Garten Italiens 2005“ gewählt wurden, und beim anschließenden Abendessen, das wetterbedingt nicht in den Gärten, sondern im Vereinshaus von Algund stattfinden musste.
Glück mit dem Wetter hatte man hingegen am zweiten Tag der Forsttagung, an dem die Exkursionen auf dem Programm standen. Über 400 Personen nahmen an den insgesamt 14 angebotenen Exkursionen teil, die vom Vinschgau im Westen übers Passeiertal im Norden bis ins südlich gelegene Dolomitengebiet führten.
Fotos: Theo Hendrich